Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Äußerungen in Sozialen Netzwerken

In der heutigen Zeit sind Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und Xing nicht mehr aus dem Alltag der Menschen wegzudenken. Auch immer mehr Unternehmen haben diese Netzwerke für geschäftliche Zwecke entdeckt (Oberwetter, NJW 2011, 417). Es scheint daher kaum überraschend, dass die Sozialen Netzwerke Einzug in arbeitsrechtliche Entscheidungen genommen haben. Im Fokus dieser Entscheidungen stehen vor allem kündigungsrechtliche Fälle, in denen Arbeitnehmer kritische Bemerkungen über ihren Arbeitgeber auf Sozialen Netzwerken kundgetan haben (Kort, NZA 2012, 1321). Die rechtliche Situation ist in diesen Verfahren vor allem geprägt von grundrechtlichen Erwägungen. Auf der Arbeitnehmerseite ist hauptsächlich das Recht auf freie Meinungsäußerung relevant. Der Arbeitgeber wird wiederum geschützt durch das Recht der persönlichen Ehre, welches als Schranke der freien Meinungsäußerung fungiert. Zudem kann bei Beleidigungen durch den Arbeitnehmer die Menschenwürde, das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers verletzt werden. Es ist Aufgabe des Arbeitsgerichts eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen den Interessen und Rechtsgütern der beiden Parteien vorzunehmen. Grundsätzlich kann vorweggenommen werden, dass Ehrverletzung durch Beleidigungen des Arbeitnehmers, eine ordentliche Kündigung oder außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen können (Bauer, NZA 2013, 67). Natürlich sind hierzu die gängigen Kündigungsfristen zu beachten. Der Beginn der außerordentlichen Kündigungsfrist richtet sich nach der zuverlässigen und möglichst vollständigen Kenntnis des Arbeitnehmers vom Kündigungssachverhalt. Präziser formuliert bedeutet dies, die Kündigungsfrist beginnt, wenn der Arbeitgeber oder sein Vertreter von der Äußerung des Arbeitnehmers erfahren. Doch wenn davon auszugehen ist, dass die Beleidigung anderen Nutzern über längere Zeit zugänglich gemacht wird und diese damit die Möglichkeit erhalten, diese weiter zu verbreiten, ist bis zur Löschung von einem sogenannten Dauertatbestand auszugehen, bei dem die Frist jeden Tag von neuem beginnt (Bauer, NZA 2013, 67, 72). Auf die obligatorische Abmahnung des Arbeitnehmers, kann bei besonders schweren Ehrverletzungen verzichtet werden. Verbreitet der Arbeitnehmer unwahre Tatsachen über seinen Arbeitgeber oder verrät er Betriebsgeheimnisse, rechtfertigt dieses Verhalten eine Kündigung in gleichem Maße wie eine diffamierende Äußerung (Notzon, öAT 2013, 180). Davon zu unterscheiden ist die sachliche Kritik, diese führt zu keiner grundrechtlichen Ehrverletzung des Arbeitgebers und rechtfertigt damit auch keine Kündigung (Kort, NZA 2012, 1322). Eines der bekanntesten Sozialen Netzwerke soll die Überlegungen der Gerichte im Folgenden deutlich machen.

Beleidigung des Arbeitgebers auf Facebook

Zuerst ist hierbei zu unterscheiden, ob der Arbeitnehmer Soziale Netzwerke während der Arbeitszeit oder außerdienstlich nutzt. Wurde die private Nutzung während der Arbeitszeit gänzlich durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, verstößt der Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten und das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Dies allein kann bereits eine Kündigung rechtfertigen (Göpfert/Wilke, ArbRAktuell 2011, 159). Die außerdienstliche Nutzung Sozialer Netzwerke stellt sich differenzierter dar. Beleidigt der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber außerdienstlich innerhalb eines Sozialen Netzwerks, ist die entscheidende Frage, ob die Äußerung des Arbeitnehmers frei zugänglich ist oder vertraulich geäußert wurde. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Arbeitnehmer, die sich technisch gegen einen Veröffentlichung schützen, im Kündigungsschutzprozess auf die Vertraulichkeit ihrer Äußerungen bauen können (Kort, NZA 2012, 1321, 1322 f.). Doch schon an dieser Stelle wird klar, dass sich die Beurteilung des Öffentlichkeitskriteriums schwierig gestaltet. Nach einer vertretenen Meinung solle zuerst festgestellt werden, wo der Arbeitnehmer seine Äußerung kundgetan hat z. B. auf seiner Pinnwand, auf der Pinnwand eines anderen Benutzers oder im Chat. Danach müsse festgestellt werden, für wen die Äußerung zugänglich war, wie viele Facebook-Freunde insgesamt vorhanden sind und wie viele Arbeitskollegen dazu zählen. Auch ob die Äußerung spontan (Kommentar/“gefälltmir“-Button), im Affekt oder aus Eigeninitiative erfolgte, sei zu beachten (Scheid/Klinkhammer, ArbRAktuell 2013, 6, 9). Andere sind der Auffassung, derartige Unterscheidung seien überflüssig, da auf Facebook verbreitete Äußerungen generell als nicht vertraulich zu betrachten seien, da das Internet ein unberechenbares Medium sei, bei dem stets mit der Veröffentlichung gerechnet werden müsse. Es bleibt festzuhalten, dass es letztendlich auf den Einzelfall ankommt, allerdings ist zu empfehlen, den Umfang und die Adressaten der verbalen Kränkung zu beachten (BeckOK/Stoffels, BGB, § 626, Rn. 106 a).

Datenschutzrechtliche Aspekte

Auch stellt sich die Frage, wie es datenschutzrechtlich zu bewerten ist, wenn der Arbeitgeber Äußerung des Arbeitnehmers im nicht öffentlichen Raum als Kündigungsgrund nutzt. Die meisten Firmen führen von sich aus einen Recherche zum eigenen Unternehmensbild durch, stoßen sie dabei auch auf Äußerungen eines Arbeitnehmers, ist dies datenschutzrechtlich unbedenklich und richtet sich nach den gängigen Vorschriften zur Nutzung von Daten zu Geschäftszwecken (§ 28 I, 1 Nr. 3 BDSG) (Ernst, NJOZ 2011, 953, 957). Ein Datenschutzrechtsverstoß gegen § 32 BDSG kann aber ebenso ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellen. Erschleicht oder erzwingt sich der Arbeitgeber den Zugang zu einem Sozialen Netzwerk des Arbeitnehmers z. B. durch Vortäuschung einer falschen Identität, so kann dies zu einem Beweisverwertungsverbot im Kündigungsschutzprozess führen (Kort, NZA 2012, 1321, 1324). Bei Verstoß gegen die Datenschutzrichtlinien wie z. B. § 32 BDSG ist vom Gericht eine Abwägung zwischen dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und dem Verwertungsinteresse des Arbeitgebers vorzunehmen. Um dem vorzubeugen, sollt sich der Arbeitgeber grundsätzlich unter einem realen Profilnamen Zugang zu einem Sozialen Netzwerk verschaffen (Notzon, öAT 2013, 180, 182). Zusammenfassend ist dem Arbeitgeber zu empfehlen, Social Media Guidelines im Unternehmen zu etablieren, um die Nutzungsbedingungen grundlegend festzulegen. Die private Nutzung von Internet und Telefon sollte darin untersagt, beleidigende Äußerungen gegen Beschäftigte verboten und der Veröffentlichung von Betriebsinterna vorgebeugt werden (Notzon, öAT 2013, 180, 181).

 

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Leistung: Anwaltliche Beratung

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