Homeoffice versus Arbeitsrecht und Datenschutz?

Das Internetzeitalter bietet den Menschen viele neue Möglichkeiten. Auch die Arbeitswelt hat sich die Digitalisierung längst zunutze gemacht. Die Möglichkeit aus der Ferne zu kommunizieren, bietet die Möglichkeit auch aus der Ferne zu arbeiten. Konsequenz des gesellschaftlichen Wandels ist mitunter die berufliche Anpassung an die veränderten Anforderungen, unter anderem auch um als Arbeitgeber weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Homeoffice ist eine effiziente Möglichkeit für alle Beteiligten im Sinne der „Work-Life-Balance“ um den neuen Anforderungen wie wachsende Flexibilität und vermehrte Selbstorganisation der Arbeitszeiten gerecht zu werden. Was mit vielen Vorteilen verbunden ist, wirft jedoch auch insbesondere im Bereich des Arbeitsrechts und des Datenschutzes Bedenken auf.

Was ist ein Homeoffice?

Homeoffice fällt unter den Begriff der Telearbeit bzw. der mobilen Telearbeit „mobile office“. Die Telearbeit stellt verschiedene Arbeitsformen dar, bei denen der Mitarbeiter zumindest teilweise seine Tätigkeit aus der Ferne mit Hilfe von Kommunikationsgeräten verrichtet, also räumlich dezentralisiert zur eigentlichen Arbeitsstätte (Vogelsang, Arbeitsrechts-Handbuch § 164. Telearbeit Rn. 2 – 3, auch BeckOGK/Maschmann GewO § 106 Rn. 135, 136). Bei der mobilen Telearbeit, ist der Mitarbeiter nicht nur an einen festen Arbeitsplatz gebunden, sondern kann diese mittels mobiler Gerätschaften an beliebigen Orten verrichten, es sei denn, vertraglich ist ein fester Platz vorgesehen. Homeoffice, wie der Name bereits vermuten lässt, setzt die Arbeit in den privaten Räumlichkeiten des Arbeitnehmers voraus (Schwiering/Zurel ZD 2016, 17, 18).

Rechtlicher Rahmen

Einen gesetzlichen Anspruch auf „Homeoffice“ gibt es in Deutschland nicht. Jedoch kann ein solches Recht vertraglich vereinbart werden. Das LAG Köln bestätigte dies in seiner Entscheidung vom 06.07.2015 (Az.: 5 SaGa 6/15) wie zuvor auch das ArbG Bonn (Az.: 7 Ga 5/15) und sprach sich zu Recht gegen einen Anspruch auf „Homeoffice“ aus. Zur Gegenbegründung genügte nicht, dass dem Arbeitnehmer die bloße Möglichkeit eines solchen Rechts eingeräumt wurde. Vielmehr müsste eine vertragliche Vereinbarung für die Inanspruchnahme des „Homeoffice“ getroffen werden, was hier allerdings fehlte.

Arbeitsrechtliche Beurteilung

Nach gesetzlichen Gesichtspunkten besteht also kein Anspruch auf einen Heimarbeitsplatz, es sei denn eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer liegt vor. Dies lässt sich aus dem Weisungsrecht oder Direktionsrecht des Arbeitgebers aus § 106 (1) GewO ableiten, dass der Arbeitgeber u.a. den Ort der Arbeitsleistung bestimmen kann, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzlichen Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch ohne Zustimmung oder gegen den Willen des Arbeitnehmers (BeckOGK/Maschmann GewO § 106 Rn. 1; Schwiering/Zurel ZD 2016, 17, 18). Auch die Neubestimmung des Arbeitsortes hat nach billigem Ermessen zu erfolgen, d.h. nach sorgfältiger Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalles und unter angemessener Berücksichtigung beiderseitiger Interessen (BeckOK/Tillmanns GewO § 106 Rn. 50).

In den Niederlanden dagegen hat der Arbeitnehmer seit dem 01.07.2015 einen Anspruch auf die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes. Eine Ablehnung bedarf in diesem Fall eines besonderen Grundes. Es ist nur eine Frage der Zeit bis alle anderen EU-Mitgliedsstaaten diesem Vorbild entsprechend nachziehen werden (Schwiering/Zurel ZD 2016, 17, 18).

Der 71. Deutsche Juristentag wurde deshalb zum Anlass genommen sich auch mit diesem Thema zu befassen (Hanau NJW 2016, 2613 und 2617). Auch DIE GRÜNEN fordern nach dem Vorbild der Niederlande eine gesetzliche Regelung des Homeoffice

Kein Anspruch aus § 241 II BGB

Ein genereller Anspruch auf einen Homeoffice lässt sich auch nicht aus § 241 II BGB der Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers ableiten. Auch dann nicht, wenn sich der Arbeitnehmer auf grundrechtlich geschützte Interessen beruft (so das LAG Rheinland-Pfalz Az.: 5 Sa 378/14). Ebenso wenig gilt das für den umgekehrten Fall eines Anspruchs des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer. Ein solcher Anspruch ist jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen. Das ist dann der Fall, wenn die Leistungserbringung nach Weisung des Arbeitgebers nicht mehr möglich ist. Dann darf der Arbeitnehmer nach § 241 II BGB verlangen, dass der Arbeitgeber von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch macht und die Leistung im Rahmen des Arbeitsvertrags derart konkretisiert, dass diesem die Erbringung dieser wieder möglich ist. (BAG NZA 2010, 1119, 1121 Rn. 27).

Problem der verdeckten Mehrarbeit

Beim Homeoffice entsteht laut Bundesregierung das Problem der verdeckten Mehrarbeit. D.h. es entstehen mehr Überstunden als ohne Homeoffice, die der Arbeitnehmer jedoch nicht durch Lohn oder Freizeit ausgleichen kann. Im Gegensatz zu 6 Prozent der Beschäftigten ohne Homeoffice sind von der Mehrarbeit mit 38 Prozent der Beschäftigten bei Nutzung des Homeoffice deutlich mehr betroffen (FD-ArbR 2016, 381768). Nach § 16 II 1 ArbZG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 (1) hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit gem. § 7 VII ArbZG eingewilligt haben. Eine Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten sollte möglichst vermieden werden. Die Kontrolle darüber wird dem Arbeitgeber im Homeoffice jedoch erschwert (Schwiering/Zurel ZD 2016, 17, 20).

Allerdings bringt die heutige Zeit auch das Bedürfnis einer Änderung hinsichtlich der strikten Arbeitszeiten mit sich. So fordern einige eine entsprechende Anpassung an die neuen Gegebenheiten (Hanau NJW 2016, 2613, 2617). Die Vereinbarkeit von Privatem und Beruf wird in Zukunft verstärkt fester Bestandteil unserer Gesellschaft, der sogenannten Generation Y, werden. Nicht nur Arbeitnehmer, auch Arbeitgeber werden davon profitieren, sofern die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen (Steffan NZA 2015, 1409, 1411).

Datenschutzrechtliche Beurteilung

Die zur Verfügung Stellung bzw. Nutzung von Homeoffice ist nicht nur arbeitsrechtlich, sondern auch datenschutzrechtlich relevant.

Das ist dann der Fall, wenn es sich um personenbezogene Daten oder besondere Arten personenbezogener Daten i.S.d. § 3 I, IX BDSG, aber auch Sozialdaten i.S.d. § 67 I SGB X handelt. Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Besondere Arten personenbezogener Daten sind Angaben über die rassische, und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.

Liegt ein derartiger Sachverhalt vor, so ist der Arbeitgeber, aber auch der Auftragsdatenverarbeiter (§ 11 BDSG) verantwortliche Stelle i.S.d. § 3 VII BDSG für die technischen und organisatorischen Maßnahmen gem. § 9 (1) BDSG und der Anlage zu § 9 (1) BDSG. Das gilt auch für den Fall der Telearbeit. Ist ein ausreichender Schutz nicht möglich, so ist die Telearbeit bzw. der Homeoffice nicht zulässig (Schwiering/Zurel ZD 2016, 17, 20). Alle erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung des Datenschutzes und der Datensicherheit nach Maßgabe des BDSG und seinen Anlagen sind dabei vorzunehmen.

Insbesondere sind die Nr. 1 bis 4 der Anlage zu § 9 BDSG, Zutritts-, Zugangs-, Zugriffs und Weitergabekontrolle, zu beachten. Es sind Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind

  • Unbefugten den „körperlichen“ Zutritt zu betroffenen Datenverarbeitungsanlagen zu verwehren (Nr. 1, Zutrittskontrolle).
  • Die unbefugte Nutzung von Datenverarbeitungssystemen zu verhindern (Nr. 2, Zugangskontrolle).
  • Die zur Benutzung eines Datenverarbeitungssystems Berechtigten ausschließlich auf die ihrer Zugriffsberechtigung unterliegenden Daten zugreifen können, und dass personenbezogene Daten bei der Verarbeitung, Nutzung und nach Speicherung nicht unbefugt gelesen, kopiert, verändert oder entfernt werden können (Nr. 3, Zugriffskontrolle).
  • Das unbefugte Kopieren, Lesen, Verändern oder Entfernen personenbezogener Daten bei der elektronischen Übertragung oder während ihres Transports oder ihrer Speicherung auf Datenträger, zu verhindern und an welche Stellen eine Übermittlung personenbezogener Daten durch Einrichtungen zur Datenübertragung vorgesehen ist, zu überprüfen und festzustellen (Nr. 4, Wiedergabekontrolle).
Praxis-Tipps
  • Der Arbeitnehmer sollte nur die vom Arbeitgeber bereitgestellte Soft- und Hardware nutzen.
  • Nur mit geschützter Verbindung (VPN) auf Firmennetzwerk zugreifen.
  • Passwort geheim halten.
  • Private Dateien haben auf beruflichem Hard- und Software nichts zu suchen.
  • Umgekehrt ebenso.
  • Firmenlaptop sollte für Dritte nicht zugänglich und sicher aufbewahrt werden.
  • Bei Verlassen der Räumlichkeit mit Passwort Zugang verschlüsseln.

 

Haben Sie Fragen? Kontaktieren Sie gerne: RA Nicole Schmidt, LL.M.
Leistung: Beratung Datenschutzrecht

 

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