Versteckte Kamera in der Psychiatrie

Heimliche Aufnahmen in einer psychiatrischen Klinik überschreiten die Grenzen der journalistischen Recherche. Dies hat das Oberlandesgericht Köln entschieden. Das verdeckt erlangte Ton- und Filmmaterial könne einen Unterlassungsanspruch begründen, auch wenn es nicht gesendet wird. Zudem könne bereits die Weitergabe an Dritte das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen und Straftatbestände erfüllen. Der Beschluss vom 18.07.2019 erging im Zusammenhang mit einer Recherche für das TV-Format „Team Wallraff“ (Az.: 15 W 21/19).

Sachverhalt

Eine Journalistin, die Beklagte zu 1, hatte sich für das RTL TV-Format „Team Wallraff“ unter falschen Namen als Praktikantin in einer Klinik anstellen lassen. Während ihres Praktikums machte sie im Auftrag ihrer Produktionsfirma, der Beklagten zu 2, heimliche Ton- und Filmaufnahmen. Geklagt hatte ein Patient mit einer Autismus-Störung. Er war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung des Berliner Vivantes-Klinikums untergebracht. 

Noch vor Ausstrahlung der Sendung, am 18.03.2019, versuchte der Kläger zu verhindern, dass die heimlich gemachten Aufnahmen von ihm verarbeitet oder verbreitet wurden. Das Filmmaterial über den Patienten war dann auch nicht Teil der Sendung. Im Laufe des Verfahrens hatten die Beklagten eidesstattliche Versicherungen vorgelegt, wonach das Material gelöscht worden war. Beide Parteien erklärten den Rechtsstreit daraufhin für erledigt. Das OLG Köln beurteilte im Hinblick auf die Kosten die Erfolgsaussichten der Klage.

Entscheidung des Gerichts

Das Oberlandesgericht Köln (OLG) hat entschieden, dass die Beklagten die Verfahrenskosten zu tragen haben. Ohne Löschung des Materials hätten sie den Rechtsstreit voraussichtlich verloren, auch wenn gar keine Veröffentlichung des Materials beabsichtigt gewesen wäre. Die Journalistin habe bereits durch die Aufnahmen bzw. die Weitergabe des Materials an die Produktionsfirma die Straftatbestände der §§ 201 Abs. 1 Nr. 2, 201 a Abs. 1 Nr. 3 StGB sowie § 203 Abs. 4 S. 1 StGB verwirklicht.

Durch die Aufnahmen sei der höchstpersönliche Lebensbereich des Klägers verletzt worden. Auch eine zum Schein in die Klinik eingeschleuste Praktikantin sei eine sog. mitwirkende Person i.S.d. § 201 Abs. 4 S. 1, Abs. 3 S. 1 StGB. Die Produktionsfirma könne zwar selbst keine Straftatbestände verwirklichen, sie hafte aber zivilrechtlich.

Das OLG hat auch ausgeführt, dass investigative Recherchen von Journalisten grundsätzlich gerechtfertigt sein können. Dies sei der Fall, wenn bei gebotener Abwägung der widerstreitenden Interessen unter Beachtung der Schutzwürdigkeit der Dritten „erhebliche Missstände“ sonst nicht aufzudecken wären und die berechtigten Interessen Dritter daher jedenfalls im Stadium der Recherche zurücktreten müssen. Für eine Rechtfertigung im vorliegenden Fall hätten die Beklagten aber nicht genügend vorgetragen.

Kein Unterlassungsanspruch aus der DSGVO

Schließlich sieht das OLG keinen sich aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ergebenden Unterlassungsanspruch. Art. 9 DSGVO finde bei einer Verarbeitung zu „journalistischen Zwecken“ durch von privaten Rundfunkveranstaltern und deren „Hilfs- und Beteiligungsunternehmen“ damit „befassten“ Personen gemäß § 9 c Abs. 1 S. 4 bis 6 RStV keine Anwendung („Medienprivileg“)

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