Sind DSGVO-Verstöße abmahnfähig?

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geht als abschließende Regelung § 13 TMG und dem UWG vor. Mitbewerber können Verstöße gegen das Datenschutzrecht nicht als Wettbewerbsverstoß abmahnen. Dies hat das Landgericht Stuttgart (LG Stuttgart) mit dem Urteil vom 20.05.2019, Az.: 35 O 68/18 KfH entschieden.

Sachverhalt

Kläger in dem Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart war der IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. – ein Wettbewerbsverband, der bereits seit einiger Zeit durch seine Abmahnungen auffällt.

Die Beklagte vertreibt Kraftfahrzeugzubehör über eBay. Jedenfalls am 16.07.2018 unterrichtete der Beklagte die Besucher seines eBay-Auftrittes nicht über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten. Mit anderen Worten: Die eBay-Shopseite des Beklagten enthielt keine, jedenfalls keine ausreichende, Datenschutzerklärung.

Der Kläger machte gegen den Beklagten wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend, die er mit einem Verstoß gegen § 13 TMG und damit zugleich einem Verstoß gegen das UWG begründete.

Der Beklagte verteidigte sich damit, die DSGVO regele die Sanktionen von Verstößen abschließend. Ansprüche aus dem UWG könnten deswegen nur von Vereinen geltend gemacht werden, die die Voraussetzungen des Art. 80 Abs. 1 VO (EU) 2016/679 erfüllen. Dies sei beim Kläger nicht der Fall.

Argumentation des Gerichts

Das LG Stuttgart hat die Klage abgewiesen. Das Gericht verfolgt die Meinung, dass die DSGVO eine abschließende Regelung der Sanktionen enthält. Des Weiteren ist der Kläger auch nicht aktivlegitimiert. Eine mögliche Aktivlegitimation ergibt sich aus Art. 80 DSGVO. Demnach können Betroffene Einrichtungen mit der Durchsetzung Ihrer Rechte beauftragen.

Eine eigenmächtige Verfolgung von Verstößen durch Dritte ist somit nur zulässig, wenn die Voraussetzungen von Art. 80 DSGVO erfüllt sind und der nationale Gesetzgeber dies geregelt hat. Eine solche Regelung zur eigenmächtigen Verfolgung von Verstößen hat der deutsche Gesetzgeber jedoch gerade nicht getroffen. Dafür, dass § 8 UWG als Umsetzung der Regelungen aus Art. 80 Abs. 2 DSGVO anzusehen wäre, gibt es außerdem keine Anhaltspunkte.

Des Weiteren verfolgt die DSGVO laut dem Gericht auch keine wettbewerbsschützende Zielrichtung. Betroffene Personen sind nach Art. 1 Abs. 1 DSGVO geschützt, unabhängig davon ob sie als Verbraucher anzusehen sind. Eine Vermischung aus wettbewerbsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten würde dem Schutzzweck der DSGVO entgegenstehen.

Fazit und Auswirkung auf die Praxis

Die Frage, ob DSGVO-Verletzungen wettbewerbsrechtlich geahndet werden können, wird derzeit von den Instanzgerichten sehr unterschiedlich bewertet. Es fehlt bislang eine höchstrichterliche Entscheidung in dieser Angelegenheit.

Das Gericht positioniert sich hier klar gegen eine Abmahnfähigkeit von Datenschutzverstößen. In seiner Begründung führt es die oben dargestellten Argumente an und vertritt damit eine von zwei sehr gut vertretbaren Meinungen. Hier wäre jedoch eine grundlegendere Auseinandersetzung mit der Abmahnproblematik im Datenschutzrecht wünschenswert gewesen, um im Bereich der Abmahnungen mehr Rechtssicherheit zu begründen.

Wie aber die Rechtslage tatsächlich am Ende eingeordnet wird, das wird erst in einigen Monaten oder gar Jahren festzustellen sein, wenn es ausreichend OLG-Urteile oder sogar bestenfalls eine BGH-Entscheidung zu dem Thema gibt.

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