DSGVO-Schadensersatzanspruch setzt konkrete Schädigung voraus

Verstößt man gegen die Datenschutz-Grundverordnung könnten Ansprüche auf Schadensersatz drohen. Der Schadensersatzanspruch nach Art.82 Abs.1 DSGVO gibt Betroffenen eine eigene Anspruchsgrundlage auf Schadensersatz. Nach dieser Vorschrift kann jede Person, der wegen eines DSGVO-Verstoßes ein Schaden entstanden ist, Schadensersatz verlangen. Immer mehr Entscheidungen deutscher Gerichte werden zum Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO bekannt. Umstritten ist, ob der bloße DSGVO-Verstoß allein ausreichend ist, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen oder ob ein, auf diesem Verstoß beruhender, nachgewiesener Schaden vorliegen muss.

Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat mit Beschluss vom 11.08.2021 über den Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO entschieden. Im Folgenden wird die Entscheidung und die Begründung näher erläutert.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall forderte die Klägerin vom Beklagten, der zuvor als freier Immobilienmakler für sie tätig war, eine Geldzahlung in fünfstelliger Höhe. Der Beklagte trägt vor, dass er gegen die Klägerin einen Entschädigungsanspruch aus Art. 82 DSGVO in Höhe von 25.000 Euro habe. Dieser Anspruch ergebe sich wegen der nicht genehmigten Veröffentlichung eines Lichtbildes des Beklagten unter Namensnennung auf der Website der Klägerin. Durch die Veröffentlichung habe der Beklagte spürbare Nachteile in seiner Tätigkeit als freier Immobilienmakler erlitten.

Das Landgericht (LG) Potsdam entschied mit Urteil vom 03.09.2020 (1 O 241/18) zunächst, dass dem Beklagten kein Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO zustehe. Der pauschale Vortrag des Beklagten, ihm seien Nachteile für seine Tätigkeiten entstanden, reiche für einen Schadensersatzanspruch nicht aus. Der Beklagte habe keine konkreten Umstände benannt, die einen Schadensersatzanspruch rechtfertigen.

Die Klägerin sei zwar nach Beendigung des Dienstverhältnisses mit dem Beklagten verpflichtet gewesen, die Inhalte aus der Website zu löschen, wenn diese auf das Fortbestehen des Verhältnisses hindeuten könnte. Dem Beklagten stehen jedoch nur die Ansprüche auf Unterlassung und Löschung zu, die aus der Verletzung des Rechts am eigenen Bild entstanden sind.

Der Beklagte legte hiergegen Berufung beim OLG Brandenburg ein und vertrat die Auffassung, aus Art. 82 Abs.3 DSGVO in Verbindung mit dem Erwägungsgrund Nr. 146 S.2 DSGVO folge eine Beweislastumkehr.

Entscheidung

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam wurde mit Beschluss vom 11.08.2021 (1 U 69/20) zurückgewiesen. Dem Beklagten stehe kein Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO zu.

Laut Richter des OLG Brandenburg müsse der Beklagte als Anspruchssteller die entsprechenden Voraussetzungen für den DSGVO-Schadensersatzanspruch beweisen und damit auch, dass ein Schaden durch einen DSGVO Verstoß eingetreten sei.

Ein Entschädigungsanspruch aus Art. 82 Abs.1 DSGVO setze das Vorliegen eines konkreten Schadens voraus, den die anspruchstellende Partei im Rechtsstreit darzulegen hat. Ein Vortrag zu Verstößen gegen Bestimmungen der DSGVO oder zu der Entstehung von Nachteilen für die berufliche Tätigkeiten genüge dem nicht.

Dem Beklagten könne nicht darin gefolgt werden, dass aus Art. 82 Abs.3 DSGVO in Verbindung mit dem Erwägungsgrund Nr. 146 S.2 zur DSGVO eine Beweislastumkehr für das Vorliegen eines Schadens folge. Aus dem klaren und eindeutigen Wortlaut des Art. 82 Abs.3 DSGVO und der Ausführung im Erwägungsgrund Nr. 146 zur DSGVO ergebe sich eine Nachweisobliegenheit auf die Verantwortlichkeit der Umstände, die den Schaden herbeigeführt haben. Jedoch betreffe die Nachweisobliegenheit des Verantwortlichen nicht den Schaden selbst.

Demnach scheitere die Berufung bereits daran, dass es an jeglichem Vorbringen zu einem dem Beklagten durch die geltend gemachte Rechtsverletzung entstandenen Schaden fehlt.

Das OLG Brandenburg lehnt die Vorlage an den EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens ab und begründet dies entgegen der Ansicht des Beklagten damit, dass es wegen des eindeutigen Wortlauts des Art. 82 DSGVO keiner Vorlage bedürfe. Außerdem gelte die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs.3 AEUV nur für Verfahren, deren Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können. Dies scheitere daran, dass dem Beklagten die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO offensteht, bei der es sich um ein innerstaatliches Rechtsmittel im Sinne des Art. 267 Abs.3 AEUV handelt.

Fazit

Das OLG Brandenburg schloss sich mit seiner Entscheidung dem LAG Baden-Württemberg (17 Sa 37/20) sowie dem OLG Bremen (1 W 18/21) an, die bereits zuvor ähnliche Auffassungen vertreten hatten. Mit dem Beschluss des OLG Brandenburg wird verdeutlicht, dass die Verletzung einer datenschutzrechtlichen Vorschrift allein nicht ausreicht, um einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO zu begründen. Vielmehr bedarf es eines konkret verursachten Schadens.

Ein bloßer Verstoß gegen eine Bestimmung der DSGVO an sich reicht also für die Entstehung eines Anspruchs auf Schadensersatz nicht aus. Vielmehr muss der verletzte Anspruchsteller die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen und somit auch den konkreten Schaden beweisen.

Das Gericht folgt somit der Linie der deutschen Rechtsprechung, die einen abstrakten Vortrag für die Anspruchsbegründung eines DSGVO-Schadensersatzes grundsätzlich nicht ausreichen lässt.

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