Ein Antrag auf Erteilung datenschutzrechtlicher Auskünfte, der den Wortlaut von Art.15 Abs.1 DSGVO mit unklaren Konkretisierungen ergänzt, ist nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht ausreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs.2 Nr.2 ZPO.
Sachverhalt
Der Angestellte verklagte seinen Arbeitgeber unter Berufung auf Art.15 Abs.1 DSGVO auf die Erteilung vieler verschiedener datenschutzrechtlicher Auskünfte, wobei er in seinen Klageantrag weitgehend den abstrakten Wortlaut des Art.15 Abs.1 DSGVO übernahm. Damit hatte er in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht Stuttgart Erfolg (Urteil vom 05.06.2019, 3 Ca 4960/18). Darüber hinaus begehrte er insbesondere Auskunft über seine bzw. eine Kopie seiner personenbezogenen Leistungs- und Verhaltensdaten im E-Mail-Verkehr zwischen einem Mitarbeiter der Beklagten und ihm und für etwaige Performance-Bewertungen der Beklagten betreffend seiner Person. Der Kläger akzeptiere den Interessenwiderspruch zwischen dem Schutz von Whistleblowern und dem Auskunftsanspruch nach der DSGVO
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg wandelte den Urteilsausspruch ab und fasste ihn in einigen Punkten konkreter. Nunmehr wurde der Arbeitgeber verurteilt, dem Arbeitnehmer Auskunft zu erteilen über die Empfänger, denen die arbeitgeberseitig verarbeiteten „Leistungs- und Verhaltensdaten des Klägers“ bisher offengelegt wurden, sowie über die Herkunft der beim Arbeitgeber „verarbeiteten Verhaltens- und Leistungsdaten des Klägers“, soweit diese in bestimmten Bereichen des EDV-Systems des Arbeitgebers erhoben wurden (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2021, 21 Sa 43/20).
Entscheidung
Das BAG hingegen wies die Klage auf Erteilung von Auskünften und auf Aushändigung von Datenkopien wegen fehlender Bestimmtheit vollständig ab. Es hob das Urteil der Vorinstanz teilweise auf, da die Urteilsformel nicht hinreichend dem Bestimmtheitsgrundsatz entspreche. Laut BAG sei das Urteil des Landesarbeitsgerichts rechtsfehlerhaft, da es zu unbestimmt sei und dadurch gegen § 313 Abs.1 Nr.4 in Verbindung mit § 253 Abs.2 Nr.2 ZPO verstoße. Es sei nicht feststellbar, auf welche konkreten E-Mails, also an welchen Adressaten und zu welchem Zeitpunkt sich das Herausgabeverlangen stützte. Es sei für einen Herausgabeanspruch erforderlich, dass auch in einem Zwangsvollstreckungsverfahren ohne weitere Prüfung feststeht, welche Informationen und Datenkopien der Arbeitgeber herausgeben soll.
Das allgemeine Abstellen auf Leistungs- und Verhaltensdaten sei nur möglich, wenn dem Kläger keine weitere Konkretisierung möglich wäre. Im vorliegenden Fall sei es dem Kläger zumutbar gewesen, seinen Anspruch zu konkretisieren.
Die Entscheidung des BAG macht deutlich, dass es die zweckwidrige Geltendmachung des Auskunftsanspruchs vermeiden will. Erwägungsgrund 63 Satz 7 DSGVO bestimme, dass der Auskunftserteilende bei der Verarbeitung großer Datenbestände verlangen kann, das Auskunftsverlangen auf Informationen und Verarbeitungsvorgänge zu präzisieren. Die einschränkende Anwendung von Art. 15 Abs. 3 DSGVO sei nach dem Sinn und Zweck datenschutzrechtlich geboten.
Eine Überlegung wäre, dass das BAG in seiner Entscheidung die Rechte von Whistleblowern schützen könnte. Ob der Herausgabe von Datenkopien die Rechte Dritter, der Hinweisgeber (Whistleblower), entgegenstehen ist umstritten. Der Schutz der Hinweisgeber ist jedoch von entscheidender Bedeutung dafür, dass Mitarbeiter in Unternehmen Straftaten aufdecken.
Das BAG hat in der aktuellen Entscheidung zum Auskunftsanspruch keine inhaltlichen Fragen zu dem Schutz der Hinweisgeber geklärt, aber deutlich gemacht, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konkret zu den begehrten Informationen vorzutragen haben. Nach Ansicht des BAG sei ein Klageantrag, der ergänzend zum Wortlaut von Art. 15 Abs.1 Halbs.2 DSGVO auslegungsbedürftige Begriffe enthält, über deren Inhalt nicht behebbare Zweifel bestehen, nicht hinreichend bestimmt. Im Rahmen der Prozessstrategie sei dies für Arbeitgeber vorzutragen.
Fazit
Arbeitnehmer müssen ihre Auskunftsansprüche nach der DSGVO konkret und bestimmt formulieren. Ansonsten droht die Unzulässigkeit der Klage. Das Urteil verdeutlicht, dass bei einem Anspruch auf Auskunft höchste Vorsicht geboten ist, da der Anspruch weit ausgelegt wird. Arbeitgebern hingegen ist zu empfehlen, datenschutzrechtliche Auskunftsklagen sowie Klagen auf Erteilung von Datenkopien zu überprüfen, ob der Kläger sein Klagebegehren bestimmt und konkret formuliert hat.