Videoüberwachung von Gemeinschaftseigentum stellt Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar

Die Beklagte lebt mit ihrem Ehemann in einer selbstgenutzten Eigentumswohnung. Auf Empfehlung von Polizeibeamten, um im Versicherungsfall alle Zweifel ausschließen zu können, installierte die Beklagte einen digitalen Türspion ein, in welchem eine Kamera integriert ist. Die Kameraanlage dient hierbei der Einlasskontrolle und wird anlassbezogen durch das Klingeln an der Wohnungstür aktiviert. Für die Beklagte wird der unmittelbare Eingangsbereich vor der Wohnungstür, somit der Hausflurbereich vor der Wohnung der Beklagten auf einem Monitor sichtbar. Auch bei Abwesenheit der Beklagten wird der unmittelbare Aufenthaltsbereich vor der Wohnung erfasst. Dabei verbindet sich die Kamera mit dem Handy. Sollte eine Person einlassverlangen, besteht die Möglichkeit eine Unterhaltung mit dieser zu führen. Ebenso kann zu Beweissicherungszwecken im Falle eines Einbruchsversuchs ein Foto erstellt werden.

Die Eigentümerversammlung der Beklagten forderte diese zum Rückbau der Kameraanlage in der Wohnungsabschlusstüre der Wohnung und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands auf. Die Verwaltung der gegnerischen Klägerin forderte die Beklagte danach auf, die Kamera zu entfernen. Dabei argumentierte die Klägerin damit, dass selbst bei einer hypothetischen Gefahrenlage, die Beklagte ohne Herbeiführung eines entsprechenden Beschlusses durch die Eigentümerversammlung eine derartige Installation nicht rechtswirksam vornehmen könne. Die Beklagte behauptete daraufhin, die Installation des digitalen Türspions sei notwendig gewesen, da seit einiger Zeit eine unerträgliche Lärmbelästigungen dazu führen würde, dass diese und ihr Ehemann die Wohnung nur tagsüber bewohnen könnten und auswärts nächtigen würden.

Die Rechtsprechung des BGH zur streitgegenständlichen Videokamera in den Entscheidungsgründen

Das Amtsgericht Bergisch Gladbach (03.09.2015 – 70 C 17/15) entschied die Beklagte zu verurteilen, die angebrachte Kameraanlage zu entfernen. Hier sind die §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG i.V.m. § 1004 BGB einschlägig. Die Beklagte und die übrigen Eigentümer seien demnach aufgrund der gemeinsamen Zugehörigkeit zu der WEG einander im besonderen Maße verpflichtet. Dabei verweist das Amtsgericht auf die obergerichtliche Rechtsprechung des BGH (21.10.2011 – V ZR 265/10), wonach die Installation einer Videokamera zwar durchaus von dem Gebrauchsrecht des Eigentümers oder Sondereigentümers umfasst sein kann, dies jedoch nur dann gilt, wenn die Kamera ausschließlich auf Bereiche ausgerichtet ist und Bereiche erfasst, die dem Sondereigentum des jeweiligen Eigentümers zugehören. Im vorliegenden Fall erfasst die Kameraanlage das Gemeinschaftseigentum und eben nicht das Sondereigentum. In der Installation der Kameraanlage liege eine Beeinträchtigung vor, die das Maß des zulässigen gemäß § 14 Nr. 1 WEG überschreite. Eine Interessenabwägung zwischen den Interessen der gebrauchsmachenden Beklagten und den Belangen der anderen Wohnungseigentümer sei hier vorzunehmen. Die Kameraüberwachung stellt einen Eingriff in das im Grundgesetz verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht der anderen Miteigentümern sowie der Besucher und Mieter des Wohnhauses dar. Der Bereich den die streitgegenständliche Kamera erfasst, ist der Hausflur, der im Gemeinschaftseigentum aller Miteigentümer steht. Bei einer Anbringung von Überwachungsanlagen auf Privatgrundstücken bzw. in Mehrfamilienhäusern wie hier muss daher sichergestellt sein, dass keine öffentlichen Bereiche, benachbarte Privatgrundstücke oder gemeinsame Zugangswege von diesen Kameras erfasst werden, so das Gericht. Außerdem überwiege hier kein berechtigtes Interesse der Beklagten gegenüber schutzwürdigen Interesse der Betroffenen Miteigentümern und Dritten. Das Interesse der Beklagten betreffe ausschließlich den Schutz ihres Sondereigentums. Hier werde jedoch Gemeinschaftseigentum überwacht.

Regelungen des BDSG zur Videoüberwachung

Das Amtsgericht nimmt in seinen Entscheidungsgründen nochmals Bezug auf ein BGH Urteil (24.05.2013 – V ZR 220/12), wonach der Eingangsbereich einer Wohnungseigentumsanlage mit einer Videokamera überwacht werden kann, wenn ein berechtigtes Überwachungsinteresse der Gemeinschaft das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und von Dritten, deren Verhalten mit überwacht wird, überwiegt und die Ausgestaltung der Überwachung unter Berücksichtigung der Regelung des Bundesdatenschutzgesetzes inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis des einzelnen ausreichend Rechnung trägt.

Nach den Regelungen des § 6 b BDSG ist eine Videoüberwachung in einer Wohnungseigentumsanlage durch die Gemeinschaft mit einer Aufzeichnung des Geschehens zulässig, wenn ein berechtigtes und konkret verbindlich festzulegendes Gemeinschaftsinteresse das Interesse des einzelnen überwiegt. Hieran fehle es vorliegend, da die angebrachte Kameraanlage allein dem Interesse der Beklagten zu dienen bestimmt ist.

 

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Leistung: Anwaltliche Beratung

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