Einwilligung zur Werbung auf mehreren Kanälen wirksam

Ein Szenario, welches vielen Verbrauchern bekannt vorkommen könnte: Lange nach Vertragsschluss erhält man trotzdem noch Werbeanrufe und – post vom ehemaligen Vertragspartner. Darf der Werbetreibende den Verbraucher auch lange nach Vertragsschluss noch kontaktieren, nur weil letzterer einmal ein „Kästchen“ angeklickt hat (sog. Opt-In Erklärung), mit der er damals Werbeinfos während der Vertragslaufzeit erhalten mochte? Ist es rechtens, wenn man plötzlich neben Anrufen auch Werbung per Mail erhält?

Das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln) bezog für den Verbraucher in seinem Urteil Az: I-6 U 182/16 vom 02.06.2017 Stellung und verurteilte das beklagte Telekommunikationsunternehmen auf Unterlassung der Verwendung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), welche die Einwilligung von Verbrauchern in die Beratung und Information über neue Angebote und Services beinhaltete. Diese umstrittene Einwilligungserklärung konnte am Ende des Bestellprozesses von Telekommunikationsdienstleistungen durch den Verbraucher, mittels Anklickens eines Kästchens auf der Homepage des Telekommunikationsunternehmens, abgegeben werden. Im Anschluss wurde der Verbraucher dann auf sein Widerrufsrecht belehrt sowie per Link auf die Datenschutzhinweise verwiesen.

Das beklagte Telekommunikationsunternehmen bestrebte nun in der Revision Klageabweisung, welche sich auf den Vorwurf, dass besagte Klausel aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit dem Grundgedanken von § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gegen AGB Recht verstieße, stützt. Das Revisionsgericht folgte den Ausführungen der Beklagtenseite in seinem Urteil Bundesgerichtshof (BGH) III ZR 196/17 vom 01.02.2018 und hielt die betreffende Klausel anders als das Berufungsgericht nicht gemäß § 307 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für unwirksam.

Die Richter des BGH bestätigen hingegen insoweit die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass es sich bei der umstrittenen Einwilligungserklärung um eine AGB-Klausel handelt. Zwar handelt es sich um keine Vertragsbedingung im eigentlichen Sinne, jedoch sind die §§ 305 ff. BGB aufgrund des Umstandes anwendbar, dass die Erklärung einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrages gemäß § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB bildet. Entscheidend ist, dass in diesem Fall der Verwender bei der vom Kunden abzugebenden Erklärung die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit für sich ebenso in Anspruch nimmt wie bei der Vorformulierung eines Vertragstextes, und dass der Kunde nur darauf, ob er die Erklärung abgeben will, nicht aber auf ihren Inhalt Einfluss hat (BGH, Urteile vom 25. Oktober 2012 – I ZR 169/10, NJW 2013, 2683 Rn. 18 ff und vom 16. Juli 2008 – VIII ZR 348/06, BGHZ 177, 253 Rn. 18).

Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB

Das Revisionsgericht befand, dass die über die Klausel eingeholte Einwilligung den Anforderungen des § 7 Abs. 2 UWG entspricht. Gemäß § 7 Abs. 2 UWG ist eine unzumutbare Belästigung durch eine geschäftliche Handlung mittels Telefonanruf oder auch grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG mittels elektronischer Post, stets anzunehmen, wenn nicht die Einwilligung des Betroffenen eingeholt wurde. Aufgrund des Umstandes, dass § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG die Bestimmung des Art. 13 der Richtlinie 2002/58/EG umsetzen, bedarf es einer richtlinienkonformen Auslegung des Begriffes der Einwilligung. Letztlich kann festgestellt werden, dass die Einwilligung als jede Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt und mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden.

Eine Einwilligung „in Kenntnis der Sachlage“, liegt demzufolge vor, wenn der Verbraucher weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht (BGH, Urteile vom 14. März 2017 – VI ZR 721/15, NJW 2017, 2119 Rn. 24 und vom 25. Oktober 2012 – I ZR 169/10, NJW 2013, 2683 Rn. 24). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes sei dem verständigen und redlichen Durchschnittskunden bewusst, dass mit dem in den AGB verwendeten Begriff „individuelle Kundenberatung“ eine Beratung während und nach Ablauf der Vertragslaufzeit gemeint ist.

Auch ist die Einwilligung für den Fall hinreichend konkret. Eine sogenannte spezifische Einwilligungserklärung darf nach der Rechtsprechung keine Textpassagen umfassen, die auch andere Erklärungen oder Hinweise enthalten als die konkrete Zustimmungserklärung (BGH, Urteil vom 16. Juli 2008 – VIII ZR 348/06, BGHZ 177, 253 Rn. 29; Beschluss vom 14. April 2011 – I ZR 38/10, BeckRS 2011, 11015 Rn. 9). Unschädlich ist, wenn sich die Einwilligungserklärung auf Werbung mittels verschiedener Kommunikationswege, wie Telefon oder E-Mail bezieht.

Aus Schutzzweckgesichtspunkten keine Einwilligung für jeden Werbekanal erforderlich

Der Schutzzweck der Vorschrift ist erfüllt, wenn eine Erklärung abgegeben wird, welche von anderen (Vertrags-)Inhalten getrennt ist. Durch die Abgabe einer gesonderten Erklärung zur Einwilligung in Werbeempfang wird dem Verbraucher nämlich vor Augen geführt, dass seine Daten verwendet werden und ein Eingriff in seine Privatsphäre vorgenommen wird. So wird ihm auch seine Wahlmöglichkeit verdeutlicht, ob er Werbung erhalten möchte und dass seine Entscheidung vom sonstigen Vertragsschluss völlig unabhängig ist. Eine Einwilligungserklärung in den Empfang von Werbung über verschiedene Kanäle steht dem beschriebenen Schutzzweck nicht entgegen.

Anders liegt es im Falle der sogenannten Opt-Out Lösungen. Opt-Out, zeichnet sich anders als bei Opt-In Lösungen dadurch aus, dass „Options-Kästchen“ ohne spezifisches Anklicken des Verbrauchers bereits aktiviert sind. Diese werden als unzulässig befunden, da, anders als im vorliegenden Fall, die Einwilligung in Werbung zusammen mit anderen vertraglichen Erklärungen und Regelungen abgegeben wird (BGH, Urteil vom 16. Juli 2008 – VIII ZR 348/06, BGHZ 177, 253 Rn. 28 ff; Beschluss vom 14. April 2011 – I ZR 38/10, BeckRS 2011, 11015 Rn. 9) und dem Kunden eben keine Wahlmöglichkeit vor Augen geführt wird.

Eine Begrenzung der Wirksamkeit der Einwilligung zum Erhalt von Werbung auf die Vertragslaufzeit sowie bis zu höchstens zwei Jahre nach Vertragsbeendigung ist nach Auffassung des Gerichtes unbedenklich, da von einem fortbestehenden Interesse an einer Information über neue Services und Angebote der Beklagten ausgegangen werden kann.

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