Verletzung der Verschwiegenheitspflicht bei der Abrechnung ärztlicher Leistungen

Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte nutzen zur bequemen Abrechnung ihres Honorars oftmals die Dienstleistung von Abrechnungsstellen und treten ihre Forderungen gegenüber dem Patienten an diese ab. Ein kürzlich vor dem Landgericht Mannheim entschiedener Prozess zeigt, dass durch die Weiterleitung sensibler Patientendaten an eine Abrechnungsstelle die ärztliche Schweigepflicht gemäß § 203 Abs.1 Nr.1 StGB verletzt sein kann.

Mit Erfolg klagte der Vater eines damals Siebenjährigen vor dem Landgericht Mannheim (Urteil vom 20.11.2014, AZ. 10 S 44/14), welches die Entscheidung des Amtsgerichts Mannheim (Urteil vom 15.05.2014, AZ. 18 C 201/13) aufhob und abänderte. In Begleitung seiner Mutter, wurde das Kind in der Ambulant eines Krankenhauses wegen einer Schnittverletzung behandelt. Eine wesentliche Bedingung für die Behandlung war die Abgabe einer Einverständniserklärung, wonach die Patientendaten an Dritte – in diesem Fall einen Abrechnungsdienstleister – weitergegeben werden durften. In der Folge verweigerte der Vater die Zahlung des in Rechnung gestellten Betrages, da die Einwilligung lediglich von der Mutter und nicht von beiden Elternteilen unterschrieben worden war.

Zivilrechtlicher Anspruch versus ärztliche Schweigepflicht

Der zivilrechtliche Rahmen schreibt Ärzten und Krankenhäusern bei der Abtretung einer Forderung an eine Abrechnungsstelle gemäß § 402 BGB vor, alle zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte zu erteilen und die zum Beweis der Forderung dienenden Urkunden auszuhändigen. Auf diesen sind aber auch sensible Patientendaten, wie zum Beispiel Diagnoseschlüssel und Vermerke der Ärzte ersichtlich. Die Weitergabe an Dritte sei daher ohne Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht nicht möglich, allerdings zum Zweck der Rechnungserstellung auch nicht zwingend erforderlich (BGH, Urteil vom 10.07.1991, AZ. VIII ZR 296/90). Durch eine wirksame Einwilligung des Patienten oder – im Falle eines Minderjährigen – durch dessen Eltern, kann eine Verletzung gerechtfertigt sein. Dies war hier allerdings nicht der Fall.

Das Landgericht korrigierte die Entscheidung des Amtsgerichts in erster Instanz und stellte klar, dass eine wirksame Abtretung bei einem minderjährigen Patienten nur bei Vorliegen der Einverständniserklärungen beider Elternteile vorliege. Die Einwilligung nur eines Elternteils reiche nicht aus. Das Recht, über die Verwendung der personenbezogenen Daten selbst zu bestimmten, stelle, genau wie das Recht auf körperliche Unversehrtheit, eine zentrale Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 GG darf. Da die Rechtsprechung bei schweren Eingriffen die Zustimmung beider Elternteile verlange, erscheine es sinnvoll, dies auch für die Weitergabe personenbezogener Gesundheitsdaten Minderjähriger gelten zu lassen.

Diese Einschränkung bei der Berufsausübung habe der Arzt bei der Interessenabwägung im Verhältnis zum möglichst hohen Schutz der Patientendaten hinzunehmen, so das Landgericht weiter. Grundlage hierfür ist ebenfalls die Entscheidung des BGH, wonach Gründe der Praktikabilität auch Sicht des Arztes keine Rechtfertigungsgründe darstellen dürfen. Hier überwiegt das Recht des Patienten auf informationelle Selbstbestimmung.

Die beklagte Abrechnungsstelle des Krankenhauses reichte Revision ein und möchte die Entscheidung des Landgerichts nun vor dem Bundesgerichtshof prüfen lassen.

Der Fall zeigt deutlich: Ist der Einsatz solcher Mittel angedacht, sollte daher in jedem Fall der Rat eines Experten eingeholt werden.

 

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