Unerwünschte Werbung – Direktwerbung mittels Brief, E-Mail und Telefon

Viele Unternehmen machen es sich täglich neu zur Aufgabe Kunden zu akquirieren; die Kunden einfach per E-Mail anzuschreiben oder gar anzurufen, das ist nicht möglich. Neukunden könnten derartige Werbemaßnahmen als Belästigung wahrnehmen. Diese Überlegung stammt aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), welches insbesondere Werbemaßnahmen rigorose Grenzen setzt. Beim Verstoß gegen diese Grenzen drohen dem werbenden Unternehmen Unterlassungs- und Beseitigungsklagen, Schadensersatzklagen etc. durch Mitbewerber oder Verbände sowie ggf. Bußgelder.

Werbung ist nach dem UWG prinzipiell nur zulässig, wenn sie keine unzumutbare Belästigung des Werbeempfängers darstellt. Laut § 7 Abs. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung, durch die ein Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer (z. B. Mitbewerber) in unzumutbarer Weise belästigt wird, unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, wenn erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht.

Der Begriff „Werbung“ bezieht sich in erster Linie auf Absatzwerbung, schließt aber auch Nachfragewerbung, also das Bemühen um den Bezug von Waren oder Dienstleistungen mit ein (BGH, Urt. v. 17.7.2008 – I ZR 75/06). Die Regelung erfasst zudem nur Individualwerbung d. h. Werbung die sich gezielt auf eine Person bezieht. Plakat- oder Medienwerbung, die sich vorwiegend an die Allgemeinheit richten, sind somit nicht erfasst. Die Werbung ist „erkennbar unerwünscht“, wenn der Empfänger bspw. bei einer Werbewurfsendung durch einen Aufkleber am Briefkasten deutlich gemacht hat, dass er eine solche Werbung nicht wünscht (BT-Drs 15/1487 S. 21). Auch können sich Verbraucher in sogenannte Robinsonlisten eintragen lassen. Diese Listen enthalten Kontaktdaten von Personen, die keine unaufgeforderte Werbung erhalten wollen. Irrelevant ist, ob die Person den Wunsch, nicht mit der Werbung konfrontiert zu werden, vor Beginn der Werbemaßnahme äußert (Bsp.: Aufforderung an Werber, das Haus zu verlassen). Der Gesetzgeber hat einzelne Beispiele definiert, bei denen einen unzumutbare Belästigung stets angenommen wird (Per-se-Verbote):

  • Erkennbar unerwünschte Werbung (wiederholtes Ansprechen durch alle Fernkommunikationsmittel), § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG
  • Werbung mit Telefonanrufen, § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG
  • Werbung mit automatische Anrufmaschinen, Faxen oder elektronischer Post, § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG
  • Werbung mit verheimlichter Absenderidentität etc. § 7 Abs. 2 Nr. 4 UWG

Die rechtlichen Voraussetzungen z. B. beim Direktmarketing bestimmen sich deshalb im Wesentlichen nach den Kommunikationskanälen.

Unterschiedliche Kommunikationskanäle

Zunächst soll an dieser Stelle die Telefonwerbung betrachtet werden. Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern wird besonders restriktiv behandelt und ist grundsätzlich nicht erlaubt. Nur bei vorheriger ausdrücklicher Einwilligung ist die Werbung am Telefon zulässig (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG). „Ausdrücklich“ ist nicht gleichbedeutend mit „schriftlich“. Die Einwilligung kann daher auch formlos, insbes. (fern)mündlich erfolgen (OLG Köln, Urt. v. 7.12.2012 – 6 U 69/12). Ein bloßer Hinweis in den AGB reicht aber bei weitem nicht aus. Gegenüber Gewerbetreibenden ist Telefonwerbung zulässig, wenn eine ausdrückliche oder konkludente Einwilligung oder eine sog. „mutmaßliche Einwilligung“ vorliegt. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Anrufer von einer mutmaßlichen Einwilligung des anzurufenden Gewerbetreibenden ausgehen konnte, ist auf die Umstände vor dem Anruf sowie auf die Art und den Inhalt der Werbung abzustellen. Maßgeblich ist, ob der Werbende bei verständiger Würdigung der Umstände annehmen durfte, der Anzurufende erwarte einen solchen Anruf oder werde ihm jedenfalls positiv gegenüberstehen (BGH, Urt. v. 11.3.2010 – I ZR 27/08). Befürwortet wird eine solche Einwilligung bei bestehenden Geschäftsbeziehungen oder bei nachweislichem Interesse des Beworbenen. Somit ist sie im Allgemeinen am Einzelfall festzumachen. Zweifellos ist eine derartige Einwilligung bei der Akquise von Neukunden nahezu ausgeschlossen.

Ein weiteres günstiges Werbemittel stellt die E-Mail-Werbung dar. E-Mail-Werbung an Verbraucher und sonstige Marktteilnehmer wird als „unzumutbare Belästigung“ eingestuft und ist prinzipiell unzulässig. Dies gilt gleichermaßen für das Telefax und die SMS (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Demnach kann derartige Werbung nur mit vorheriger ausdrücklicher Einwilligung des Adressaten erfolgen.

Einen Ausnahmetatbestand regelt § 7 Abs. 3 UWG für die Werbung per E-Mail u. SMS. Diese ist ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung erlaubt, wenn der Werbende alle nachfolgenden Prämissen kumulativ nachweist (zur Beweislast BGH, Urt. v. 11.3.2004 – I ZR 81/01):

  • er hat die elektronische Postadresse im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden erhalten,
  • er verwendet die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen,
  • der Kunde hat der Verwendung nicht widersprochen und
  • der Kunde wurde bei Erhebung der E-Mail-Adresse und wird bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Einzig die Briefwerbung ist uneingeschränkt zulässig, es sei denn, dass der Marktteilnehmer diese Werbung erkennbar nicht wünscht (Sperrvermerk am Briefkasten („Keine Werbung“, „Keine Reklame“ usw.)). Oder auf dem Umschlag unzutreffende Hinweise “Zustellungs-Hinweis … Vertraulicher Hinweis“, „Nur vom Empfänger persönlich zu öffnen!“ sowie „Eilige Terminsache!“ aufgedruckt sind (KG Berlin, Urteil v. 19.06.2015, Az. 5 U 7/14).

 

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Leistung: Anwaltliche Beratung

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